Abschied in Raten
Der Sommer ist nicht mehr was er
noch vor zwei Wochen war.
27Cº im Schatten unterm Apfelbaum
sind mir heute Nachmittag noch geblieben.
Doch der Morgen ist kühl und
das Gras nass vom Tau.
Abschied in Raten
vom Sommer und seinen Gästen.
Unmerklich gab es einen Wechsel
von der Sommerflora hin zum frühherbstlichen Blühen
der Herbstanemonen, die Sonnenaugen,
der Stockrosen
und bald schon werden die Herbstzeitlosen
in den Wiesen stehn.
Kein Vogelgezwitscher mehr in den Morgenstunden
die Jungen sind alle flügge geworden und
die meisten Alpensegler sind schon fort.
Abraksus aber mit seinen Kindern
ist noch ums Haus.
Das ist ein Trost,
er wird auch bleiben,
wie ich hier an diesem Ort.
An diesem Ort,
mit meinen Ganzjahresfreunden,
die sich nicht wegbewegen,
wenn der kalte Wind kommt.
Die Sommergäste sind abgereist.
Zuerst die Freundin
vom Haus mit den brauen Fensterläden
und heute die bunte Familie aus Lausanne.
Auch ich muss morgen fort
weg von hier,
um wieder Geld zu verdienen.
Doch, oh Glück,
komme ich sehr bald wieder zurück!
Abschied in Raten
auch für mich unterm Apfelbaum.
Von den losen Nachmittagen
ohne „i muass no“
und „mach i grad“.
Auch meine drei Katzen
müssen sich wieder daran gewöhnen
ohne mich zu bleiben
im Haus zu warten
ohne Schlafplatz im frischen Gras
miteinander auszukommen
jedem seinen Raum zu lassen
meinen Haushalt nicht zu verwüsten.
Wir werden uns alle wieder
an den Alltag gewöhnen müssen.
Jeder an seinem Platz.
Wenn die Stunde dann näher rückt,
die Abreise,
der Abschied nahe ist,
möchte man dass es vorwärts geht.
Dann hat mein keine Lust mehr auf lange Diskussionen
auf Kaffeetratsch und Einkaufsbummel.
Dann will man gehn.
Das Unvermeidbare hinter sich bringen
den Schritt tun.
Der Abschied auf Raten
ist bis zu einem gewissen Punkt ganz schön.
Doch dann,
dann muss es vorwärts gehen!
Egal wo und zu was
ich wünsche allen
einen guten Abschied
und
einen guten Start
im
Anderen.
Sabina Melchior
Unterm Apfelbaum
15. August 2017 / 13.56h